Im Gamsgraben steht auf einer kleinen Anhöhe hinter dem Wohnhaus der Familie Veronika (geb. Goess-Saurau) und Dr. Alexander von Leeb die jüngste Kapelle unserer Pfarrgemeinde. Sie wurde im Vorjahr als Privatkapelle errichtet und ist dem heiligen Floridus, dem Familien-Schutzpatron, geweiht. Dieser Heilige wurde in Tifernum in Umbrien (heute Città di Castello) geboren. Sein Wirken fällt in die Zeit Papst Gregors des Großen, d.h. ins 6. Jahrhundert. Nach dem Tod seiner Eltern „brachte er sich mit Hab und Gut der Kirche zum Opfer“, wie es in einem Heiligenlexikon von 1861 heißt. Sein Lehrer war der heilige Bischof Herculanus von Perugia, bis dieser den Märtyrertod erlitt. Floridus kehrte daraufhin in seine Heimatstadt zurück und wurde dort Bischof. Er vollbrachte verschiedene Wunder wie z.B. Krankenheilungen und wurde nach seinem Tod zum Patron seiner Kirche gewählt. Auf dem Hinterglasbild der neu erbauten Kapelle ist er in seinem Bischofsornat mit Stab und Mitra dargestellt, wie er gerade einen nackten Buben vom Wahnsinn heilt.
Die Kapelle besitzt einen Backsteinboden und ein Dach aus echten Lärchenholzschindeln. Der Verputz wurde dem alten Wohnhaus angepasst. Die Bauausführung lag in den bewährten Händen von Verwalter Clemens Kirchweger, der vom Hausherrn Dr. Alexander von Leeb, dessen beiden Söhnen Maximilian und Constantin, sowie von Oberförster Gerhard Brandner und Forstwart Eugidius Gruber tatkräftig unterstützt wurde. Eine Besonderheit ist die seitlich eingemauerte Kachel aus England, die von Graf Konrad Goess-Saurau gestiftet wurde und folgende Inschrift einer Kapelle im Kaunertal trägt:
Wenn du hierher kommst, lieber Christ, bedenke,
dass der Herr auch für dich gestorben ist.
Seine Liebe begleitet dich auf allen Wegen,
auch Kreuz und Leid wird dir zum Segen.
Der einstige Propst des Stiftes Klosterneuburg, Dr. Floridus Leeb (1731-1799) war der Ur-Ur-Ur-Ur-Großonkel des Kapellenbesitzers Dr. Alexander von Leeb. Der Propst schenkte 1787 Land an die Opfer des Allerheiligenhochwassers der Siedlung „am Spitz“ bei Wien. Aus Dankbarkeit nannten die Bewohner ihr Dorf „Floridusdorf“, das heutige Floridsdorf, Wiens drittgrößter Bezirk.
Am 21. Dezember des Vorjahres weihte P. Simon Orec die Kapelle mit einer heiligen Messe feierlich ein – mit der Bitte an Gott, die Familie, das Haus und die Nachbarn in der Gams zu schützen. Neben dem heiligen Floridus werden auf Hinterglasbildern auch der heilige Christophorus, der Schutzpatron der Autofahrer, und der heilige Clemens, der Schutzpatron der Waldarbeiter, dargestellt. Sie sollen für die Bewohner des Hauses Gottes Schutz bei den vielen Autofahrten und der Arbeit im Forst erbitten. Die drei Töchter der Gamser Familie Plienegger begleiteten dieses Einweihungsfest mit ihrem wunderbaren Gesang.
Die neue Kapelle im Gamsgraben wird von der Familie Leeb sehr oft benützt und dient ihr als schöner Ort der Ruhe, der inneren Einkehr und des stärkenden Gebets. Zum Festtag des heiligen Floridus am 13. November wird dort künftig eine heilige Messe gefeiert.